Zurzeit wird in vielen Gemeinden, Gruppierungen und Initiativen im Bistum Aachen über die weitreichenden Veränderungen in der Pastoral und in den Strukturen nachgedacht und diskutiert – auch im Bereich der Pfarrei Heilig Geist Jülich.
Oft sind diese Gespräche von großen Sorgen und Ängsten um den Erhalt von bisher Bekanntem und Vertrauten geprägt – vor allem in den territorialen Gemeinden. Dabei wird von vielen Kirchenmitgliedern das kirchliche Leben, wie es in den vergangenen Jahrzehnten ortsnah erlebt wurde, als unbedingt erhaltenswert angesehen.
Gleichzeitig ist aber auch vielen Engagierten deutlich, dass sich durch die Veränderung unserer Lebens– und Kirchenwelt, durch viele Krisen in den vergangenen Jahren und den Wandel gesellschaftlicher Einstellungen das Gesicht von kirchlich-christlichem Leben deutlich verändert hat.
Durch den langen Weg im Veränderungsprozesses „Heute bei dir“ waren viele Menschen und Gremien beteiligt bei der Suche nach Ideen, die Zukunft zu gestalten. Nun gibt es richtungsweisende inhaltliche Beschlüsse für das pastorale Tun in den zu künftigen Pastoralen Räumen. Doch wie wird die Zukunft gestaltet
Pastoralreferent Wolfgang Weiser aus Düren beschreibt im folgenden Text die Wege in die Zukunft:
Gelebter Glaube als Basis für neue Kirchenstrukturen
von Pastoralreferent Wolfgang Weiser, Düren
Das tradierte Bild unserer Kirche in den Ortsteilen kennt den Pfarrer, der einem bestimmten Territorium vorsteht. Unterstützt durch ehren- und hauptamtliche Mitarbeite rinnen und Mitarbeiter hat er die Aufgabe, Menschen im Glauben zusammenzuführen, Gemeinden aufzubauen und in unterschiedlichen Gruppierungen verschiedene Formen des Glauben-Lebens zu ermöglichen.
Die stark zurückgehende Zahl der Priester in den nächsten Jahren ist kein Geheimnis, aber auch andere Faktoren wie abnehmen de Geldmittel, eine sich wandelnde gesellschaftliche Akzeptanz und auch immer weniger Engagierte machen hier eine Veränderung notwendig. Immer größere Zuständigkeitsgebiete können keine Lösung sein. Kirchenaufbau vom Kopf – vom Priester – her gedacht kommt also zwangsläufig an seine Grenzen.
Der Bistumsprozess hat eine neue Vision entwickelt, wie kirchliches Leben in Zukunft gehen kann. Eigentlich ist dies aber gar kein neuer Ansatz, sondern nur die Wiederentdeckung des ‘allgemeinen Priestertums’, das alle getauften und gefirmten Christinnen und Christen innehaben: Kirchenaufbau geschieht von unten nach oben.
Von Menschen her gedacht
Neben vielen neuen inhaltlich-pastoralen Entwicklungen wird der Bistumsprozess von dem Gedanken getragen, den Aufbau der Kirche nicht vom besonderen Priestertum her zu entwickeln, sondern er geht von den Gläubigen aus: Menschen finden sich zusammen, weil sie in einer speziellen Art ihren Glauben leben wollen. Diese kleinen Gruppierungen nennt der Bistumsprozess ‘Orte von Kirche’. Hier kann Glaube individuell und ohne vorgegebene Form konkret gemeinsam lebendig werden. Orte von Kirche sind in der Regel kleiner und spezieller als das, was wir bisher als ‘Gemeinde’ kennen.
‘Orte von Kirche’ – einladend und zukunftsorientiert
Die Orte gelebten Glaubens haben einen der klassischen kirchlichen Grundvollzüge als Schwerpunkt. Sie sind in gewisser Weise jeweils spezialisiert auf Verkündigung, Gottes dienst oder Nächstendienst (martyria, leitur gia, diakonia). Ihnen ist gemeinsam, dass sie Evangelium und konkretes Leben der Menschen in Beziehung bringen wollen.
Orte von Kirche können dies auch ohne Anleitung oder Führung einer ausgebildeten Seelsorgerin oder eines Seelsorgers, weil alle Gläubigen durch Taufe und Firmung (allgemeines Priestertum) hierzu befähigt und beauftragt sind.
Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass sie bei Bedarf bzw. auf Anforderung von pastoralen Fachleuten unterstützt werden. Den Orten gelebten Glaubens schreibt der Bistumsprozess verschiedene ‘Charaktereigenschaften’ zu, die diese als besonders einladend und zukunftsorientiert ausweisen: sie sind lebendig und wirksam, gemeinschaftlich und solidarisch, sie ermöglichen Engagement und Entwicklung.
Kirche – Netzwerk im pastoralen Raum
In Bezug auf das Zusammenwirken der Orte von Kirche hat der Bistumsprozess das Bild des Netzwerks entwickelt. Miteinander in Beziehung und im Austausch bilden sie gemeinsam Kirche – so verschiedenartig sie auch sind. Im Zusammenwirken in einem bestimmten Territorium (Pastoraler Raum) können alle Formen kirchlichen Lebens ebenso wie alle kirchlichen Dienstleistungen sichergestellt werden. Zusätzlich entsteht Raum für neue, innovative Formen christlichen Glaubens. Kirche bildet sich so aus dem Netz der vielen Orte gelebten Glaubens. Hier wird es weiterhin Seelsorgerinnen und Seelsorger und kirchliche Dienste geben. Zugleich aber liegt eine große Verantwortung bei den Gläubigen, ihren Glauben gemeinsam in neuen Formen zu leben.
„Vielen Dank für diesen Text!“, sagt Pastoralreferentenkollegin Barbara Biel