Gabenfülle oder „Loch im Bauch“?

Gabenfülle oder „Loch im Bauch“?

Kategorie(n): Allgemein
„Wahrscheinlich kennen Sie den Ausdruck vom „Loch im Bauch“.
  Für Millionen von Kindern ist das Gefühl tägliche Realität.
  Wir finden:
  Kein Kind soll hungern müssen.“
Quelle: Misereor
Mit dieser Überschrift weist das Hilfswerk Misereor auf den vergangenen Weltkindertag 2023 hin. Konkret wird die Krise im türkisch-syrischen Grenzgebiet nach den Erdbeben Anfang Februar dieses Jahres in den Blick genommen. Sie trifft eine Region, die nach zwölf Jahren Bürgerkrieg ausgezehrt ist. Dieser Krieg hat nicht nur „Löcher im Magen“, sondern auch tiefe Risse in der Menschlichkeit hinterlassen.

 

Ich kenne den Begriff: „Loch im Bauch“ auch aus den Erzählungen meiner Großeltern, die von den Hungererfahrungen im und nach dem 2. Weltkrieg erzählten.

Ist „Ein Loch im Bauch“ also ein Thema, das lange her ist oder weit weg liegt? Gestolpert bin ich über den folgenden Hinweis von Misereor: „In Nordamerika und in Europa sind jeweils rund 2 Prozent der Bevölkerung betroffen.“ Ist es damit Thema auch bei uns in Deutschland, auch in Jülich? Die Diskussion um die Kindergrundsicherung legt den Fokus zurzeit deutlich auf Missstände in unserem Unterstützungssystem.

Mit der Frage: „Wo sind die „Löcher“ hier in Jülich?“, bin ich zum Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) an der Baierstraße in Jülich gegangen.

„Natürlich kennen wir Familien, in denen die Kinder „ein Loch im Bauch“ haben“, war die direkte Antwort. Wer mit dem Existenzminimum leben muss, muss deshalb häufig den Speiseplan nach dem zu Neige gehenden Inhalt des Portemonnaies ausrichten, erst recht am Ende des Monats.

Ja, es gibt zwar Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, aber die Anträge dafür müssen fristgerecht alle 6 Monate gestellt werden, was für Menschen ohne gute Deutschkenntnisse und aus bildungsfernen Milieus eine Herausforderung ist.

„Es gibt aber nicht nur Löcher im Bauch, sondern auch Löcher bei den Bildungschancen“, war die zweite Antwort. An zwei Standorten betreibt deshalb der SKF die Spiel- und Lernstuben, wo Kinder nach der Schule (und außerhalb der Schule) Hausaufgabenbetreuung bekommen und neben einer pädagogischen Leitung auch ehrenamtliche Menschen vorfinden, die für sie da sind und sie unterstützen.

www.skf-juelich.de

Wenn dieser Pfarrbrief erscheint, wird an vielen Orten das Erntedankfest begangen. Die Jülicher Börde mit ihren guten Böden ist eine wichtige landwirtschaftliche Region, um die Nahrung zu produzieren, die die „Löcher in unseren Bäuchen“ füllt. Scheinbar so selbstverständlich … aber nur, wenn das Wetter mitspielt.

In jedem Jahr ist die Ernte für alle Landwirte ungewiss – so war es dieses Jahr die Getreideernte, die durch
schwierige, nasse Wetterbedingungen geprägt war. Bei einem Besuch des Pastoralteams auf dem Hof Gussen/Wolf in Güsten konnten sich die pastoralen Mitarbeitenden schon im Juni einen Eindruck verschaffen von den Bedingungen der Landwirtschaft hier in unserer Region.

www.ackererlebnis.de

Gabenfülle oder „Loch im Bauch“?

Löcher zu stopfen ist gut und richtig – und dennoch hört sich das nach Flickwerk an. Löcher zu sehen, Löcher zu füllen sowie Löcher erst gar nicht entstehen zu lassen – das ist eine wichtige Aufgabe unseres Gemeinwesens, das wir als Christen und Christinnen mitgestalten. Und das können wir mit Zuversicht, Einsatz und Zutrauen, denn wir haben ja einen – seinen – guten Geist an unserer Seite:

Gott aber, der dem Sämann Saat und Brot schenkt, wird auch euch Saatgut geben. Er wird es wachsen lassen und dafürsorgen, dass das Gute, das ihr tut, Früchte trägt.

(2. Korinther 2,10)

 

Mit diesen, meinen Gedanken, wünsche ich Ihnen gute, erholsame Herbstferien, ein frohes ErnteDankFest und offene Augen und Hände beim gegenseitigen „Löcher vermeiden“.

Gemeindereferent Michael Loogen

Fotos: misereor.de
Helga Kollmann in: pfarrbriefservice.de