Jülich, Evangelische Christuskirche
Der Name der Kirche: Heilige als Kirchenpatrone kennt die evangelische Kirche, besonders die reformierte, nicht. Auch der Name »Christuskirche« ist nicht ursprünglich. Die Kirche heißt so, seit sie 1926 durch den Künstler Daniel Greiner (1872–1943) ausgemalt wurde und im Chorraum ein großes Wandbild »Christus beim Abendmahl« zeigte, das im Zweiten Weltkrieg mit der Kirche zerstört wurde.
Aus der Geschichte des Ortes und der Kirche: Als im Jahre 1609 das Jülich-Klevisch-Bergische Herzogshaus ausgestorben war, übernahmen 1610 die protestantischen Niederländer das Kommando in der Festung Jülich. Noch im selben Jahr entstand eine reformierte Gemeinde, deren erster Pfarrer der in der rheinischen Kirche später recht bekannte Caspar Sibelius (1590-1658) wurde. Die Gottesdienste dieser Gemeinde fanden in der Schlosskapelle (siehe bei Propsteikirche) statt. Neben den Reformierten gab es auch eine lutherische Gemeinde. 1620 übernahmen katholische Spanier für vierzig Jahre die Macht in Jülich. Die Protestanten hatten kaum mehr Rechte und auch keine Kirche in der Stadt. Erst 1690 konnte die reformierte Gemeinde und 1695 auch die lutherische jenseits der Rur im heutigen Brückenkopfgelände kleine Gotteshäuser errichten, die aber immer wieder dem Vandalismus verschiedenster Gruppen zum Opfer fielen. Erst 1742 erhielt die reformierte Gemeinde die Erlaubnis, eine Kirche in der Stadt zu errichten. Das kleine Gotteshaus am heutigen Standort wurde 1745 fertig. Wünsche der lutherischen Gemeinde nach einer eigenen Kirche zerschlugen sich. 1857 schließlich schlossen sich die beiden evangelischen Gemeinden Jülichs zusammen. 1910 wurde am Standort der alten eine neue, größere Kirche nach den Plänen von Fritz Niebel aus Neuß erbaut, die nach der Kriegszerstörung wieder aufgebaut wurde, bevor sie 1970-1976 durch Peter von Stipelen aus Trier ihre heutige Gestalt erhielt.
Alte Glocke: Leihglocke aus der Gemeinde Strelitz bei Münsterberg in Schlesien; gegossen 1624 von Sebastian Getz, Breslau.
Beachtenswert: Zwei Portale, an der Düsseldorfer Straße: Eines im Jugendstil von 1910 mit dorischen Säulen und zwei betenden Engeln verziert; an der Schirmerstraße schmückt die Figur eines »Guten Hirten« aus derselben Zeit das Portal. Beide haben die Kriegszerstörungen 1944/45 überstanden.
Ein goldener Posaunenengel auf der Turmspitze – ein so genannter Geusen-Engel – ziert viele evangelische Kirchen am Niederrhein. Geusen = Bettler wurden spöttisch die protestantischen Niederländer von den katholischen Spaniern genannt. Der Name wurde nach dem Sieg der Niederländer im Freiheitskampf gegen die Spanier zum Ehrentitel.
Die Grabplatte des Johann Schöller von 1712 an der Nordwand der Kirche außen ist ebenfalls beachtenswert. Wie sie hierher kam, ist unbekannt.
Wenige hundert Meter von der Kirche entfernt, an der Ecke Düsseldorfer-/Linnicher Straße befindet sich der alte evangelische Friedhof von 1622, er wurde 1975 an die Stadt Jülich verkauft und 2005 aufgelassen.